Klosterarchäologie

Mit dem Umbau der Klostergebäude zum Brandenburgischen Landesmuseum haben seit Dezember 2003 umfangreiche Sanierungsarbeiten zur Wiederherstellung begonnen, die im Zuge der notwendigen Bodeneingriffe baubegleitende archäologische Untersuchungen erforderten.

Nach Aussage einer verloren gegangenen Inschrift wurde im Jahre 1286 das Areal des markgräflichen Hofes dem Dominikanerorden als Schenkung überlassen. Noch im selben Jahr soll die Kirche geweiht worden sein, so dass der Baubeginn mithin vor der eigentlichen Schenkung anzusetzen ist.

Die wenigen tiefergehenden Bodenaufschlüsse innerhalb der Kirche belegten, dass der anstehende Sand bereits einen halben Meter unter der gegenwärtigen Geländeoberkante auftrat, der Baugrund folglich eine Talsandkuppe darstellte. Über einem ausgesprochen dunklen Kulturhorizont befanden sich sowohl im Kirchenschiff als auch in der Ostklausur Pflugspuren, die auf eine mittelalterliche Vornutzung als Ackerland hinweisen.

Nach einem flächigen Abtrag der Auffüllungen und der Bauschuttmassen konnte im Chor der mittelalterliche Altartisch freigelegt werden, der im 19. Jh. eine neuzeitliche Erweiterung erfahren hatte.

In der Flucht des Altars zum Kirchenschiff hin befand sich ein kreisrundes Ziegelfundament mit einem mittig gelegenen rechteckigen Sockel, das zur Aufnahme des Taufsteins nach der Auflösung des Klosters gedient haben muss.

Archäologische Untersuchungen in der Kirchenruine brachten Pfeilerfundamente und Grüfte ans Tageslicht. Foto: D. Rathert

Bemerkenswert war eine Abweichung in der Fundamentgründung der südlichen Arkadenpfeilerreihe. Während die vier westlichen Pfeiler eine weitgehend gleichartige Gründung besaßen, wurde für den östlichen Pfeiler ein älterer Ost-West ausgerichteter Fundamentzug genutzt. Das westliche Ende des Fundamentzuges schloss auf Höhe einer durch die gesamte Klosteranlage zu beobachtenden Baunaht ab, die ursächlich mit dem Bauablauf von Ost nach West zusammenhing. Wahrscheinlich wurde der zunächst fertig gestellte Chor als (provisorisch?) abgeschlossene Saalkirche konzipiert, ehe die Bauarbeiten nach Westen fortgesetzt werden konnten.

Wurden bis dahin keine Spuren einer intensiveren vorklosterzeitlichen Siedlungstätigkeit, geschweige denn Hinweise auf den markgräflichen Hof beobachtet, so schienen Siedlungsgruben mit früher weich gebrannter Grauware sowie diverse Mauerzüge einer mehrphasigen bislang unbekannten Kelleranlage in der Südklausur auf ältere Strukturen hinzuweisen.

In einer Tiefe von über 2,00 m trat unter dem gegenwärtigen Laufniveau des Erdgeschosses eine verwirrende Vielzahl von unterschiedlich gegründeten Mauerzügen auf, die sich zunächst einer übergreifenden Deutung entzogen.

Als stratigraphisch ältester Befund muss ein Nord-Süd ausgerichteter Mauerzug mit massiver Findlingsfundamentierung gelten, der exakt an der Position der durchgängig vorhandenen Baunaht verlief, die die ältesten östlichen Partien des Klosters von den jüngeren Westlichen trennt. An beiden Enden zieht der Mauerzug unter die Umfassungsmauern der Südklausur. Auf der Südseite der Quermauer wurde eine nach Westen führende Türöffnung mit gefastem Gewände freigelegt, die zur Hälfte unter der klosterzeitlichen Umfassungsmauer liegt! Die auf drei Backsteinlagen erhaltene Türöffnung wurde dann zu einem späteren Zeitpunkt zugesetzt.

Der oben beschriebene Befund erfordert zwingend eine westlich der Baunaht anschließende Kelleranlage. Chronologisch muss diese Anlage einer sehr frühen Bauphase angehören, da sie entsprechend dem Ostflügel aus der Flucht der Rechtwinkligkeit der Klausur abweicht.

links: Blick in die Klosterkirche mit Altarfundament im Chor, Foto: D. Rathert
rechts: Blick durch das Maßwerk in den Chor auf den Altar und das Fundament des Taufsteins, Foto: D. Rathert


Eine isoliert stehende, massiv gegründete Kelleranlage setzt folglich ein aufgehendes Backsteingebäude voraus, das im 13. Jh. den Platz einnahm, der später mit dem westlichen Teil des Südflügels, der bauhistorisch gesichert als jüngster Abschnitt der Klausur gilt, überbaut wurde. Somit kann es sich bei dem aufgehende Gebäude entweder nur um einen frühen provisorischen Klosterbau oder um einen bereits vorhandenen Bau des markgräflichen Hofes bzw. um ein Gebäude aus dessen Umfeld gehandelt haben.

Die übrigen freigelegten Mauerzüge gehören überwiegend einer späteren einheitlichen Umgestaltung der Kelleranlage an, wobei ein neuer Zugang nach Westen in Form einer weiteren Türöffnung angelegt worden ist.

Wie ist nun die auf engstem Raum äußerst komplex auftretende Befundlage in der Südklausur im Kontext zu bewerten? Im Folgenden sollen die Ergebnisse der archäologischen Ausgrabung zur Topographie und Baugeschichte des Pauliklosters thesenartig zusammengefasst werden.

1. Die Kirche war ursprünglich als Saalkirche mit wenig einspringendem Chor konzipiert, die Ausführung als dreischiffige Hallenkirche ist eine nachträgliche Umplanung und ging zu Lasten des quadratischen Kreuzgangs.

2. Die eindeutig älteren Bauteile östlich der von Nord nach Süd durchziehenden Baunaht stehen auf bis dahin unberührtem Gelände (archäologischer Nachweis von Pflugspuren und das Fehlen von Siedlungsbefunden). Die damals errichteten Bauteile (Kirche und Ostklausur) stellen ein vollständig benutzbares ‚Rumpfkloster’ dar, während der Markgrafenhof weiterhin Bestand hatte.

3. Der Ostflügel weicht in seiner Flucht aus der Rechtwinkligkeit der Klausur aus und bewahrt wahrscheinlich eine Erinnerung an eine nicht mehr vorhandene bauliche Struktur, mutmaßlich den markgräflichen Hof.

4. Westlich der Baunaht stand ein massives unterkellertes Backsteingebäude des 13. Jh.s, gegen das der Stumpf des Südflügels (Nordmauer) angestoßen wurde. Es sollte von Anfang an nicht in die Klosteranlage integriert werden, wie eine stehen gelassene Anzahnung zeigt. Dieses Gebäude blieb anscheinend noch lange erhalten, wie die Abfolge von Kleinkellern als eine spätere Umbauphase mit neu angelegter Türöffnung nach Westen belegt.

5. Das erschlossene Backsteingebäude muss aufgrund seiner Abweichung aus der Rechtwinkligkeit mindestens der frühesten Klosterbauphase angehören. Es könnte sich also entweder um einen provisorischen Klosterbau handeln, der gleichzeitig mit der Kirche errichtet worden ist oder um einen bereits vorhandenen Bau des markgräflichen Hofs.

6. Ein jüngst angeschnittenes mittelalterliches Grubenhaus im südwestlich gelegenen heutigen Garten unter dem neuzeitlichen Paulifriedhof, die erwähnten frühen Siedlungsgruben in und an der Südklausur sowie die oben vorgestellte Kelleranlage des 13. Jhs., die ein aufgehendes Backsteingebäude erfordert, belegen eine Konzentration früher archäologischer Siedlungsbefunde im Süden bzw. südwestlich der Klausurgebäude.

Auf der Basis dieser Befunde lassen sich weder Rekonstruktionen von Bauzuständen anfertigen noch Details eines Siedlungsbereiches aufzeigen, eine Lokalisation des markgräflichen Hofes oder seiner zugehörigen Wirtschaftsgebäude darf aber mit großer Wahrscheinlichkeit hier angenommen werden.
Letztendlich bedarf es weiterer Bodenaufschlüsse, um gesicherte Aussagen zum Vorgängerbau des Pauliklosters zu erhalten. Die Entdeckung des markgräflichen Hofes bleibt als zukünftige Zielstellung vorerst bestehen.

Autor: Dietmar Rathert


Literatur

Cante, M.: Stadt Brandenburg an der Havel, Teil I: Dominsel - Altstadt – Neustadt, in: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Denkmale in Brandenburg Bd. 1.1, hrsg. Im Auftrag des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg vom Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege. (Worms 1994)
Hillebrand, K.: Das Dominikanerkloster zu Prenzlau, Untersuchung zur mittelalterlichen Baugeschichte, München – Berlin 2003